News Bauerbe Stickerhäuser – „Lustenauer Gründerzeit“ 3. März 2021
Um die Jahrhundertwende setzte in Lustenau – vor allem auch in Bezug auf die Errichtung von Stickereien und Stickerhäusern – ein großer Bauboom ein. Neben der durch die Rheinregulierung erhöhten Hochwassersicherheit und den guten Verdienstmöglichkeiten in der Stickerei war wohl auch die damalige Einführung der neuartigen Schiffchenstickmaschine für diesen Boom ausschlaggebend. Diese nun viel schneller produzierenden „Schnellläufer-Maschinen“ mussten nicht mehr händisch vom Sticker angetrieben werden.
Vom 19. Februar bis 18. April 2021 richtet eine Ausstellung des Historischen Archivs im DOCK 20 den Fokus auf die bis dato noch existierenden Gebäude mit Stickereibezug. Begleitend dazu präsentiert das Lustenauer Gemeindeblatt in einer Artikelserie einige der dort gezeigten Inhalte. Im hier abgebildeten, 1910 erstellten, Einreichplan für das Haus Sonnenstraße 12 ist nordseitig eine Veranda über dem Stadel eingezeichnet. Dieser Teil des Hauses wurde vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt ausgebaut.
Die zuerst zum Antrieb der Maschinen eingesetzten Verbrennungsmotoren wurden ab 1905 – im Zuge der Elektrifizierung Lustenaus – bald in allen Betrieben durch Elektromotoren ersetzt. Brandgefahr, Lärm, Abgase und gefährliche Transmissionsriemen fielen dadurch weg. In den drei Jahren von 1906 bis 1908 – wohl der Höhepunkt des Baubooms – wurden jährlich rund 15 heute noch bestehende Gebäude mit Stickereibezug errichtet. Fast alle dieser meist stattlichen Häuser verfügen über Kreuzgiebel, um auch das Dachgeschoss als Wohnraum nutzen zu können. Der oft immer noch mitangebaute Stadel wurde bei vielen dieser Häuser später ausgebaut (z. B. Sonnenstraße 12). Insgesamt haben in Lustenau über hundert dieser Gebäude mit Stickereibezug aus der „Lustenauer Gründerzeit“, welche abrupt mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 endete, die Jahrzehnte überdauert und existieren heute noch.
Bei vielen dieser Häuser wurde später das Sticklokal durch Anbauten nochmals erweitert. Daneben wurden bereits damals für neu aufgestellte Schifflistickmaschinen auch weiterhin bestehende Handsticklokale adaptiert (z. B. Hofsteigstraße 16). Ab 1905 wurden in Lustenau die ersten 9-Yard- und bald darauf auch 10-Yard-Schifflistickmaschinen aufgestellt. Damit wuchs die Länge der Stickmaschinen von gut sechs Metern auf rund elf Meter. Um diese nun deutlich größeren Maschinen unterzubringen, wurde bei vielen der damals erfolgten Neubauten nun das Erdgeschoss verlängert und dieser Teil des Sticklokals mit einem Flachdach versehen (z. B. Rudolfstraße 1).
Die Ausstellung „Bauerbe Lustenauer Stickerhäuser – Eine Bestandsaufnahme“ dokumentiert über 400 heute noch existierende Gebäude mit Stickereibezug, darunter viele sogenannte „Stickerhäuser“ aus der Lustenauer Gründerzeit. Anhand hochwertiger Fotografien der Bauobjekte sowie Reproduktionen von alten Bauplänen wird deutlich, wie die in Lustenau lange Zeit absolut dominante Stickereiwirtschaft in den letzten 150 Jahren Architektur, Ortsbild und damit einhergehend die Lebenswelten in der Gemeinde prägte.
Die aktuellen Architektur-Fotografien von Lukas Hämmerle und Max Fetz treten in der Ausstellung in Dialog mit den historischen Dokumenten und Bauakten. Das aufwendige Display für die Ausstellung wurde von den Bühnenbildnern Valentin Hämmerle und Jan Klammer erarbeitet. Das Rahmenprogramm zur Ausstellung setzt sich coronabedingt mit einem Fokus auf Veranstaltungen im Freien zusammen und wird laufend den aktuellen Auflagen angepasst. Jeweils tagesaktuelle Infos finden Sie online unter: www.lustenau.at/dock20.
Lustenauer Stickerhäuser
Ausstellung
DOCK 20, Kunstraum und Sammlung Hollenstein
Pontenstr. 20
www.lustenau.at/dock20
Öffnungszeiten:
Fr, Sa, Sonn- und Feiertage, 15 bis 19 Uhr
Programm:
12.03.2021, 17 Uhr
Führung durch die Ausstellung
13.03.2021, 15 Uhr
„Stickerhäuser“-Spaziergang
Nur mit Anmeldung (begrenzte Teilnehmerzahl, Absagen möglich)
T +43 5577 8181-4230, archiv@lustenau.at