2018.03

Lukas Birk: "Sammlung – bis jetzt"

Ausstellung in Kooperation mit dem Druckwerk Lustenau

Laufzeit: 22. September bis 28. Oktober 2018
Eröffnung: Freitag, 21. September, 19 Uhr

In der Ausstellung „Sammlung – bis jetzt“ verwandelt der Geschichtenerzähler, Künstler und Sammler Lukas Birk sein weitläufiges Archiv, bestehend aus Reisedokumentationen aus dem Mittleren Osten, dem Balkan sowie Süd- und Südostasien, in eine multimediale Ausstellung. Die Recherchen reichen dabei bis in die 1940er Jahre zurück. Thematisch werden Gedanken wie die Geburt eines Künstlers, Heimat und Reisen im Darstellungsmedium Fotografie, das Inszenieren von Männlichkeit und nicht zuletzt das finale Schicksal einer Sammlung aufgegriffen und zur Diskussion gestellt.

Reise durch Raum und Zeit
Von der Alltags- bis zur Kunstfotografie, von der Intimität des Familienalbums bis zur rücksichtslosen öffentlichen Enthüllung – das Resultat dieser aufwendigen Umformung ist eine archivalische Assemblage, die sowohl reelle Gegenstände vereinnahmt, sich aber auch auf die Gefühlsebene ausbreitet. Sie beinhaltet Familienalben, intervenierte Bücher, Reiseberichte, anonyme Fotografien, Landkarten und diverse weitere Objekte.

In „Sammlung – bis jetzt“ entfaltet sich eine faszinierende Komposition, die uns in eine Geschichte durch Raum und Zeit entführt: Beginnend in Österreich, werden wir anfangs in den zweiten Weltkrieg versetzt, erkunden die Balkan-Region der Nachkriegszeit, lernen Syrien in den 1970er- und 1980er-Jahren kennen, erkunden Afghanistan und Pakistan in den Anfängen der 2000er-Jahre und landen schlussendlich zurück in der „Heimat“.

Drei Generationen
Diese expositorische Reise enthüllt außerdem die Geschichte von drei Generationen von Männern: Großvater Viktor Birk dokumentierte seine Reisen als Soldat der deutschen Armee während des Zweiten Weltkriegs. Vater Andreas Birk erkundete als Hippie-Reisender und Abenteurer in den 1970er- und 1980er-Jahren den Mittleren Osten. Und Lukas Birk erforscht als Künstler, Fotograf, Kurator und Geschichtenerzähler mit zeitgenössischer Urteilskraft das Verhältnis des eigenen, westlich geprägten Blicks auf Länder wie Afghanistan, Pakistan und Iran. Alle drei Protagonisten teilen sich die Leidenschaft des Reisens, der Fotografie und der Berge.

Das Buch als Erzählform
Sechs Bücher fungieren als Achse des Narrativs. Die ersten zwei sind „Altlas“, ein Schulatlas aus dem Jahre 1973 und „3 Bitef 212“, ein Katalog des dritten Internationalen Theater Festivals in Belgrad aus dem September 1969. Birk hat in diese Bücher eigene Fotos, Dokumente und Anekdoten eingebunden, die für seine Familiengeschichte und Identitätsfindung als inquisitiv Reisender von Bedeutung sind.

„35 Bilder Krieg“ (2015) zeigt 35 Negative, die in einem Kuvert aufgefunden wurden und die Route des Soldaten Viktor, Birks väterlichem Großvater, rekonstruieren. Sie führen uns durch den Balkan, Paris und Griechenland und versetzen uns in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurück. Die weiteren Bücher sind eng mit Birks Projekten, Reisen und seiner künstlerischen Identitätsfindung verknüpft. „Kafkanistan” (2008) untersucht die Mechanismen des Tourismus in Konfliktgebieten wie Afghanistan, Iran und Pakistan und stellt die Assimilation einer kulturellen Identität in diesen Ländern in Frage. Im Buch „Berge im Schnee” von Luis Trenker (1932) verstärken collagierte Familienbilder aus den Bergen die männliche Ikonologie von Bergsteigen, Abenteuer und Erfolg. „House Nº6” (2017) verstärkt das Bewusstsein unser eigenen Sterblichkeit und konfrontiert uns mit der offenen Frage, was nach dem Tod zu erwarten ist. Die Bilder entstanden in einem Haus, das nach dem Ableben einer Familie plötzlich leer stand.

Narration der Identitätsfindung
Das Narrativ in „Sammlung – bis jetzt“ nimmt seinen Anfang in diesen sechs Büchern und entfaltet sich in einen universellen Atlas, der zwischen Familiengeschichte und Identität korrespondiert. Inmitten dieser künstlerischen Aufschichtung von Collagen, Landkarten, neuen und assemblierten Bildern verschmelzen die drei Protagonisten und deren Geschichten zu einer Einheit und agieren stellvertretend zum Leben unzähliger anderer Menschen. Eine fließende Identität entspringt, ähnlich der Identitätskarten in Birks Performance X=Y, die ebenso Teil der Ausstellung ist.

Bestärkung eigener Assoziationen
Indem Bilder in der historischen Zeitachse zurückgeworfen und mit heterogenen Materialien ergänzt werden, bewirken sie neue Assoziationen im persönlichen und kollektiven Gedächtnis. Die Besucher werden ermutigt, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu rotieren und sich mit Inhalten zu beschäftigen, die ihren eigenen visuellen und emotionalen Verbindungen entsprechen. Die einzige Bedingung: Die Flüchtigkeit der Geschichte und ihre endliche Trivialität nicht aus den Augen zu verlieren.

Kuratiert von Natasha Christia.

 

Lukas Birk
(geb. 1982) ist Geschichtenerzähler, Fotograf, Kurator, Herausgeber, Manager und Sammler. Ein Großteil seiner Arbeit besteht darin, Fotoarchive, die er während seiner Reisen sammelt, zu restaurieren und in einen speziellen Kontext zu setzen – so bisher unter anderem in Afghanistan, Pakistan und Myanmar. Seine wissenschaftlichen Forschungen beschäftigen sich speziell mit der Zeit des Postkolonialismus und porträtieren den Hintergrund seiner Arbeit mit dem historischen Material. Birk zeigt die Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten und Geschichten auf multimediale Weise, denn „jede Geschichte benötigt eine andere Art und Weise, erzählt zu werden“ (Birk). Zu Birks Werk zählen unter anderem Filme, Bücher, Online-Plattformen, sowie Ausstellungen in Europa, den USA und in Asien.

 

Rahmenprogramm und Vermittlung

Freitag, 21. September, 19 Uhr
Eröffnung
Begrüßung durch Bürgermeister Kurt Fischer. Zur Ausstellung spricht die Kuratorin Natash Christia (engl.), einführende Worte und Übersetzung durch Daniela Fetz

Samstag, 22. September, 18 Uhr
Vortrag mit Natasha Christia
„On Photography and Curating: An Expanded Narrative“ (engl.)
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Sonntag, 30. September, 11 Uhr
Matinee mit Arno Gisinger
„Visuelle Erzählstrategien in den Arbeiten von Lukas Birk“
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Freitag, 5. Oktober, 16 Uhr
Buchbinde-Workshop mit Lukas Birk
Wir bitten um Anmeldungen unter galerie.hollenstein@lustenau.at
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Samstag, 6. Oktober, 18 – 1 Uhr
Lange Nacht der Museen
Stündliche Kurzführungen

Kunstvermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche auf Anfrage unter galerie.hollenstein@lustenau.at

Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei, ausgenommen die „Lange Nacht der Museen“.

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