2019.02
Bezugsstoffe
Gruppenausstellung zum Schwerpunktthema "Textilien"
Laufzeit: 11. Mai bis 23. Juni 2019
Eröffnung: Freitag, 10. Mai, 19 Uhr
Begrüßung: Kurt Fischer, Bürgermeister
Mit Beiträgen von Veronika Aumann, Sabrina Bosshard / Stefanie Kägi, Nadine Göpfert, Ebba Fransén Waldhör / Marei Rei, Adriana Quaiser / Theresa Kanz, Selina Reiterer, Christine Katscher / Ronja Svaneborg
In der Ausstellung „Bezugsstoffe“ untersuchen die beteiligten Künstlerinnen Textilien auf ihre Qualitäten als visuelle und haptische Gradmesser für Veränderungen in Kunst, Kultur, Gesellschaft und Technik. Sieben Positionen werden in Installationen und Objekten vorgeführt und hinterfragen gewohnte Vorstellungen von Einsatz, Herstellung, Erweiterung und Darstellung von textilen Bedeutungsträgern.
Die Künstlerinnen forschen an der Selbsttätigkeit von Materialien, bringen traditionelles und zeitgemäßes Handwerk auf einen gemeinsamen Nenner, bezweifeln die Beziehung zu materiellen Objekten in unserem Alltag, verflechten unerwartete Materialien und Arbeitstechniken, schüren Sehnsüchte nach Ordnung und System oder führen unbeabsichtigte Abgrenzungen und Negationen vor Augen.
Das Textil als inhaltliche Klammer macht deutlich, dass das Material stets auch Medium und dadurch Teil einer Botschaft oder Erzählung ist: Ein Diskurs zum Textil als Träger historischer, gesellschaftlicher und technischer Aspekte, dem unweigerlich auch eine Auseinandersetzung mit der näheren Industrie- und Handelsgeschichte folgt.
Vermittler zwischen Gegenwart und Zukunft
Wie sich aktuelle technische Entwicklungen am textilen Bedeutungsträger ablesen lassen, beweist Veronika Aumann (geb. 1985, DE) mit ihrer Arbeit „Autorialien“. Sie ist Textildesignerin, Forscherin, Doktorandin und untersucht Konzepte des Digitalen sowie des Materiellen. Die Künstlerin entwirft Materialien und -fiktionen für und von einer möglichen Zukunft. Ihre störrischen und spürigen Arbeiten mit einem Fokus auf Interaktionen zwischen Mensch, Maschine und Material entstehen durch eine prozessbasierte, experimentelle Arbeitsweise und mit einem gestalterischen und entwurfsgeleiteten Forschungsansatz.
Der Zwang der Gemütlichkeit
An unserem Umgang mit Textilien lassen sich Sehnsüchte, Zwänge, Vorlieben und Traditionen ablesen. Adriana Quaiser (geb. 1984, CH) und Theresa Kanz (geb. 1989, DE) beziehen sich auf diesen Kontext und stellen als Bedingung für das eigene Wohlempfinden die Erfindung von neuen Ordnungsprinzipien und ein bewusstes Inszenieren von persönlichen Textilien und scheinbar vertrauten Alltagsgegenständen gegenüber. Ihre Zusammenarbeit beruht auf der Auseinandersetzung mit der materiellen Beschaffenheit von Objekten aus Porzellan, Glas und Textil. Sie spüren einer neuen Sensibilität für herkömmliche Oberflächen nach und suchen Herstellungsprozesse, die ungewohnte Ergebnisse zulassen.
Objektbeziehungen
Nadine Göpfert (geb. 1986, DE) reflektiert mit ihrer Arbeit „Vitrine“ die Thematik der Abgrenzung privater und öffentlicher Räume in Form von zwei textilen Installationen. Sie untersucht dabei die Beziehungen zu Objekten im häuslichen sowie musealen Kontext, denen über eine behutsame Verhüllung ein Ausdruck der Wertschätzung widerfährt. In ihrer Arbeit werden zwei Ideen dargestellt: Einmal der Versuch einer Konservierung von (gesellschaftlich implementierten) Wertvorstellungen und außerdem das Bewahren und Schützen von Wertvollem.
Träger und Getragene
Die Zusammenarbeit von Ebba Fransén Waldhör (geb. 1984, SE) und Marei Rei (bürgerlich Amelie Marei Löllmann, geb. 1984, DE) ist eine prozesshafte Verschränkung. Durch eine mehrdimensionale Vermischung von Materialien wie Textil und Beton erzeugen sie bewusst Brüche in normativen Sichtweisen, die als Möglichkeitsräume erfahrbar werden. Die Übertragung von textilen Fusionen auf einen baulichen Werkstoff lässt die ursprünglichen Aufgaben der Materialien verschwimmen: Der Baustoff Beton wird vom Träger zum Getragenen, der sich über die vertikalen und horizontalen Verbindungen des Stofflichen legt. Bedeutung und Substanz überlagern sich in einem Plural zu einer porösen, dichten, weichen und verhärteten Substanz, in der es keine Entität, sondern nur Mischformen gibt.
Ursprünge des künstlerischen Handwerks
Sabrina Bosshard (geb. 1985, CH) und Stefanie Kägi (geb. 1987, CH) interessieren sich für das Spannungsfeld zwischen künstlerischem Original, anonymem Design und traditionellen Handwerkstechniken. Ihr Beitrag zur Ausstellung beruht auf der Beschäftigung mit den Ursprüngen künstlerischer Arbeitsweisen und soll dem analogen Kunstwerk im digitalen Zeitalter einen neuen Stellenwert einräumen. Dafür greifen sie ein japanisches Baumwolltuch auf, das sich über seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten auszeichnet. Sie erweitern dessen Anwendungsbereich, in dem sie kleinformatige Objekte kreieren und die gegebene Form einer textilen Raumsituation den ursprünglich vorgegebenen Rahmen sprengen.
Neo-Biedermeier
Selina Reiterer (geb. 1985, AT) arbeitet seit mehreren Jahren an der Schnittstelle zwischen Kunst und Design mit einem Schwerpunkt auf Textiles. Ihre Begeisterung für traditionelles Handwerk sowie für neue Technologien und Materialforschung entwickelt sie in Installationen, Objekten und Konzepten weiter. In ihrem Beitrag zur Ausstellung will sie Tendenzen eines „Neo-Biedermeiers“, die sich über einen Rückzug in das Private, Häusliche und das gesellschaftliche und politische Abgrenzen äußern, kritisch hinterfragen. Eine textile Installation thematisiert unsichtbare Grenzen, ein Verschleiern von Fakten und eine zunehmende Verschlossenheit von relevanten Themen in Politik und Gesellschaft.
Verwebung künstlerischer Arbeitsmethoden
Ronja Svaneborg (geb. 1985, DK) und Christine Katscher (geb. 1986, AT) haben mit ihrer Arbeit „Formula“ eine Methode entwickelt, die verschiedene Arbeitsweisen, Ideen und Fähigkeiten miteinander verbinden kann. Die Charakteristik von gewebten Stoffen als einzelne, ineinander verflochtene Fasern, die über ihre Anordnung einer genauen Codierung folgen, können auch als eine Art Formel gesehen werden, die für die beiden Künstlerinnen das Ausgangsmaterial für ihre Zusammenarbeit ist. Die Wahl von Gaze als Werkstoff, welches in einzelne Fasern extrahiert, wieder zusammengefügt oder mit anderen Fasern ergänzt werden kann, bildet die Basis dieser gemeinsamen Arbeit und steht als Analogie für das Verflechten von zwei Kunstpraktiken zu einem gemeinsamen Werk
Rahmenprogramm und Vermittlung
Samstag, 11. Mai, 17 Uhr
Künstlerinnen-Führung
Dienstag, 14. Mai, 19 Uhr
Vortrag „Textilien in unseren Wohn- und Lebensräumen“ mit Hanna Burkart
Über die Entstehung und den Einsatz ortsbezogener textiler Objekte während und für eine kontemporäre polylokale Lebensweise.
Mittwoch, 22. Mai und 12. Juni, jeweils 18 Uhr
Galerie-Apéro
Eine Kurzführung durch die Ausstellung mit Drinks, Snacks und der Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Freitag, 24. Mai und 14. Juni, jeweils 14 Uhr
Führung durch die Depoträume der Galerie Hollenstein mit Oliver Heinzle: Einblicke in die Sammlung des Stickereiverbandes und zum Ist-Zustand einer Transformation
In Kooperation mit SMAK, dem Verein für eine Neupräsentation der Stickerei (www.s-mak.at). Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, wir bitten um Anmeldung unter info@s-mak.at
Donnerstag, 6. Juni, 19 Uhr
Vortrag „Selbsttätige Materialien“ mit Veronika Aumann
Experimentelle Materialforschung an der Schnittstelle zwischen aktiven Textilien und digitalen Technologien.
Kostenloses Kunstvermittlungsprogramm für Kinder / Jugendliche und private Führungen außerhalb der Öffnungszeiten auf Anfrage unter galerie.hollenstein@lustenau.at
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen im Rahmenprogramm ist frei.