2021.03

This must be my place. The Other is Us. Zur Idee der postmigrantischen Gesellschaft

Laufzeit: 4. September bis 24. Oktober 2021, Eröffnung; 3. September 2021

Die Frage nach Migration ist eine Frage der Macht. Das Fremde und die Heimat ­ zwei Begriffe die bis heute immer wieder neu gesellschaftlich verhandelt werden müssen. Migration ist so alt wie die Menschheit, ist das Potenzial des technologischen und kulturellen Fort­ schritts. Sie ist keine Kraft, die von außen auf eine Gesellschaft einwirkt, sondern Teil ihrer Struktur. Jede Gesellschaft ist eine Gesellschaft der Migration. Sie ist unumkehrbar. Man kann Menschen abschieben, doch die Spuren bleiben.

Postmig­rantisch steht nicht nur für einen gesellschaftlichen Zu­stand nach der Migration, sondern für eine Perspektive auf Gesellschaft, in der die Abläufe und Auswirkungen der Migration als gesellschaftliche Normalität und konstitutiver Bestandteil anerkannt werden. Seit der In­ dustrialisierung wird Migration stets durch ökonomi­sche Notwendigkeiten (de­)legitimiert. Sie steht in di­rekter Verbindung mit kapitalistischen, globalen Märkten. Sie macht Verstrebungen zwischen Race und Class sichtbar. Bis heute. Heute mehr denn je? Wo sind die Stimmen und Erinnerungen der (post)migranti­schen Communities in der (Lustenauer) Geschichtser­zählung?

Mit dem Aufstieg der Lustenauer Textilindustrie in den 60er Jahren begann die Werbung und ein Zuzug tür­kischer, kurdischer und jugoslawischer Gastarbeiter:in­nen. Ohne sie wäre der wirtschaftliche Aufstieg nicht erfolgt. Als die Lustenauer Stickereiindustrie aufgrund ihrer Abhängigkeit vom nigerianischen Markt in den 90er Jahren zerfiel, waren die Migrant:innen noch immer da, hatten Kinder, Kindeskinder. Doch in den Archiven sucht man ihre Geschichten und Erinnerungen weitest­ gehend (noch) vergebens. Als ‚Gastarbeiter:innen‘ der x­ten Generation werden sie bis heute nicht als Pro­tagonist:innen und Wissensproduzent:innen ver­standen. Migrantisch situiertes Wissen im gesellschaft­lichen Diskurs als solches anzuerkennen ist genauso eine Voraussetzung für die postmigrantischen Gesell­schaft wie die kritische Reflexion des ‚Anderen‘ und seiner Entstehung.

Die Gruppenausstellung „This must be my place. The Other is Us“ untersucht die Verstrebungen zwischen (Arbeits­)Migration, Identität und Alterität im Jetzt, im Damals und dazwischen. Die beiden Stipendiatinnen der Artist und Research Residency von DOCK 20, S­-MAK und Druckwerk werden thematisch zu ortsspezifischen As­pekten des Postmigrantischen arbeiten und durch Feldforschung, Recherchen und künstlerische Strategien unmittelbar an der Wissensproduktion teilhaben. Einen erweiterten Blick auf das Thema des postmigrantisch situierten Wissens und die damit einhergehende Sicht­barmachung von Counter Narratives über die Grenzen Vorarlbergs hinaus geben die weiteren Positionen der Ausstellung.

Mit: 
Cana Bilir-Meier
Abiona Esther Ojo 
Theo Eshetu
Giorgi Gago Gagoshidze 
Donja Nasseri
Ezgi Erol

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