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Philipp Fleischmann: "Shifting Figures"

7. September – 7. Dezember 2024
Eröffnung: 6. September 2024, 19 Uhr
 

 

Ob Filmskulptur oder experimentelles Kino – die Spielarten und der Variantenreichtum, mit dem der Wiener Künstler Philipp Fleischmann das Dispositiv Film auf den Prüfstand stellt, sind vielseitig. Mit selbstkonstruierten Camerae obscurae nimmt er die fotografische Vermessung ganzer Gebäude vor und tastet sich mithilfe des apparativen Blicks durch die Architektur – so wie 2013 in der Haupthalle der Wiener Secession („Main Hall“, 2013) oder in der Arbeit „Untitled (34bsp)“ (2021) im Pavillon Ciccillo Matarazzo von Oscar Niemeyer im Rahmen der São Paulo Biennale in Brasilien. Imagination und Narration folgen den technischen und architektonischen Formen. Free Form Architecture produziert Free Form Film. Allen Arbeiten gemein ist, dass sich der Film stets in seiner Materialität und als Medium präsentiert, das sich über seine formalen Qualitäten vermittelt. Den klassischen kinematografischen Konventionen des Bildausschnitts, der Verschleierung der technischen Aspekte der Produktion und Projektion sowie dem trügerischen Schein des bewegten Bildes erteilen die medienreflexiven Arbeiten eine strikte Absage.

Für seine Solo-Ausstellung „Shifting Figures“ im DOCK 20 balanciert Philipp Fleischmann auf dem schmalen Grat zwischen Pictorial Turn und Autonomie des Bildes, ausgehend von der Frage, wann ein Bild oder auch eine Projektion narratologisch – erzählend – werden. Eine raumgreifende Installation aus Diaprojektoren „One.Two.Seven“ (2024) und abstrakten Farbfeldfeldern aus Licht und Collagen führt die Entgrenzung des filmischen Bildes, das von Fleischmann zuvor aus dem normierenden Kader befreit wurde, konsequent weiter: Durch die Verlangsamung der Projektion sind die Einzelbilder zwar erkennbare, jedoch weiterhin abstrakte und somit ambivalente Motive; durch die Projektion auf durchlässiges Glas verschwimmen die Grenzen zwischen Bildraum und dem physischen, musealen Raum der Wirklichkeit untrennbar miteinander. Der klackende, rhythmische Sound der Apparaturen verschränkt die technische und die Wahrnehmungsebene zeitlich und räumlich als akustische Klammer, während die Betrachter:innen sich aktiv in ein selbstgewähltes Verhältnis zu den Objekten setzen müssen.

Aktuelle Arbeiten wie die Fotogramme auf Barytpapier aus der Serie „Half a Meter of White“ (2024) und „Nine Meters of Vinaccia“ (2024) öffnen ein neues Spannungsfeld, in dem der Künstler sich mit Analogien und Differenzen zwischen Film, Fotografie und Malerei auseinandersetzt. Der Filmstreifen, nun selbst das abgebildete Motiv, verwandelt sich vom Informationsträger zum arbiträren Zeichen, dessen Dechiffrierung und Kontextualisierung der subjektiven Lesart der Betrachter:innen obliegt. Die indexikalischen Spuren der künstlerischen Arbeit am Material – in diesem Fall die der Belichtung – erlauben eine offene Lesart: als Momentum der Montage durch Fleischmann, als Parallelisierung der Zeitlichkeit des Films durch die Abbildung des gesamten Filmstreifens und als eigenständiges Zeichen eines größeren konzeptuellen Bezugsrahmens. Mit „Shifting Figures“ (dt. wechselnde Erscheinungen) gewährt Philipp Fleischmann dem Medium Film, über sich selbst ins Erzählen zu kommen, ohne seine medienspezifischen Charakteristika verbergen zu müssen.

 

 



Philipp Fleischmann lebt und arbeitet als Künstler und Filmemacher in Wien. Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Dorit Margreiter sowie an der Schule für künstlerische Photographie und an der Schule für unabhängigen Film bei Friedl Kubelka vom Gröller. Ausstellungen und Screenings (Auswahl): mumok kino, One Work Gallery, Secession Wien, Berlinale Forum Expanded, Toronto International Film Festival, Viennale, Diagonale Graz, Ann Arbor Film Festival, Belmacz Mayfair, Kunsthalle Exnergasse, Media City Film Festival, Anthology Film Archives. Seit 2014 leitet er die Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film in Wien.

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